Bessarabien (Region)

Ein Teil der Familie Blum wanderte zu Beginn des 19. Jh. vom Kulmer Land direkt weiter nach Bessarbien in der heutigen Ukraine bzw. im heutigen Rumänien, wo sie bis zum Ende des 2. Weltkriegs blieben.

Lage und Klima

Es liegt zwischen den Karpaten im Norden, den beiden Flüssen Pruth im Westen und Dnjestr im Osten sowie dem Schwarzen Meer im Süden. Der nördliche Teil ist eher hügelig bis zu einer Höhe von rd. 400 m. Wir finden dort diverse Täler und eine starke Bewaldung. Im Süden, wo sich tendenziell eher unsere Vorfahren angesiedelt haben, müssen wir uns die Gegend sehr flach und steppenhaft vorstellen.

Die wesentliche Flüsse Sarata, Dnjestr und Koälnik haben eine Richtung Südost und münden in entsprechende Limane (Brackgewässer). Das Klima bezeichnen wir als kontinental, d.h. wir erleben hier heisse Sommer aber auch sehr kalte Winter.

Im Laufe der Jahrhunderte wechselten die Herrscher in dieser Region ab. Zu Ihnen zählten u.a. die Skathen (Mongolisches Volk), die Römer, die Türken, die Russen und Rumänen.

Kolonisation

Ende des 18. Jahrhunderts nahm die Macht Russlands in Bessarabien entsprechend weiter zu. Im Frieden von Bukarest (1806 – 1812) kam es vollständig unter die russische Krone. Die Landwirtschaft lag zu dieser Zeit oftmals in den Händen von Guts- bzw. Grossgrundbesitzern, die wiederum auf ihre Leibeigenen zwingend angewiesen waren. Die Zarin Katharina II. erkannte, dass dies nicht immer besser die beste Bewirtschaftungsform war. Mit der Ansiedlungspolitik vor allem in schwach besiedelten Regionen erhoffte sie sich einen entsprechenden Aufschwung. Dabei standen deutsche Einwanderer bzw. Siedler durchaus im Mittelpunkt werblicher Bemühungen. Für diese standen wiederum folgende Gründe im Fokus:

  • Steuerfreiheit von bis zu 30 Jahren (auf dem Lande)
  • Militärdiensbefreiung
  • Zinslose Darlehen für alle Anschaffungen
  • Kostenloses Land von rd. 60 Dejatinen für jede Familie
  • Freie Religionsausübung
  • Freie und eigene Gemeinde- und Schulverwaltung

Und auch Alexander der I. blickte auf diese Siedlungserfolge positiv zurück und führte diese weiter. Es folgten viele erfolgreiche Folgesiedlungen. Bei der weiteren Suche nach siedlungsinteressierten Familien war die damalige Kleinstaaterei in Mitteldeutschland sowie die ausbreitende französchische Macht entsprechend förderlich. Die Lasten des Volkes waren zu jener Zeit an vielen Stellen erdrückend. Sehr viele Einwanderer kamen aus Würtemberg, Baden, der Pfalz und Baden und folgten zunächst dem Ruf des Königs Wilhelm dem III. in die zum Teil neu hinzugewonnenen Gebiete Neu-Ostpreussen und Südpreussen. Doch die dortige Ansiedlung fand nicht immer gut organisiert statt. So wurden viele einfach in die Urwälder und Sümpfe gesetzt. Nach entsprechenden weiteren kriegischerischen Auseinandersetzungen wurden einige Gebiete danach wiederum Polen zugeschlagen. Es kam zu entsprechenden Konflikten zwischen der Bevölkerung. Insofern überrascht es nicht, dass einige Siedler oder deren Nachkommen erneut in eine „neue“ Welt aufbrachen. Dabei enthielt Angebot, das der Zar ihnen unterbreitete, folgende Inhalte:

  • Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit solle in der Verbesserung Seiten-, Wein- und auch Gartenbaus liegen
  • Max. 270 Rubel Banco-Auszahlung bzw. Darlehen, welches der Höhe nach von den Vermögensverhältnissen der Siedler abhängig war und in 10 Jahren zurückgezahlt werden soll
  • Steuer- und Abgabenfreiheit für 10 Jahre
  • Schutz- und Rechtszusicherung analog der einheimischen Bevölkerung von der russischen Regierung
  • Landzuweisung von 60 Desjatinen
  • Militärbefreiung sowie Befreiung von Einquartierungen bei durchquerenden Armeen
  • Relegionsfreiheit
  • Fünf Kopeken Nahrungsgeld (pro Person/Tag) bis zu ersten Ernte, wenn hier Unterstützungsbedarf gesehen wird
  • Rückzahlungsvereinbarung nach zehn Jahren für die gewährten Unterstützungen

Die hier in Bessarabien eingewanderten Siedler aus Polen wurden als „Warschauer Kolonisten oder auch „Warschauer Gruppe“ bezeichnet.

Insbesondere das südliche Gebiet wurde parzelliert, kartiert und numeriert.

– Wittenberg, Alt-Posttal und Sarata

  • Kulm
  • Borodino
  • Beresina
  • Tarutino
  • Krasna
  • Katzbach
  • Klöstitz
  • Paris
  • Alt Elft (Fere Champenoise I)
  • Neu Elft (Fere Champenoise II)
  • Teplitz
  • Arzis
  • Neu Arzis
  • Brienne
  • Schabo
  • Leipzig
  • Malojaroslawetz I (Wittenberg)
  • Malojaroslawetz II (Posttal)
  • Gnadental
  • Friedenstal
  • Dennewitz
  • Lichtental
  • Plotzk
  • Hoffnungstal
  • Sarate

Diese 25 Orte wurden als sog. Muttergemeinden bezeichnet und zwischen 1814 und 1842 gegründet.

Zunächst galt in Bessarabien das „Jüngstenerbrecht“, d.h. der jüngste Sohn erbte die (Land-)wirtschaft. Die übrigen Söhne schlugen dann üblicherweise den Weg des handwerklichen Berufes ein. Später schauten die Behörden wohl weniger genau hin, so wurden die Höfe/Ländereien in mehrere Hände weitervererbt und damit zerstückelt. Dies hatte wiederum zur Folge, dass ab ca. 1840 Landmangel auftrat. Die landsuchenden jungen Leute taten sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zusammen, um in der Region sog. „Tochterkolonien“ zu gründen. Bis 1900 entstanden auf diese Weise ca. 40 neue Gemeinden.