Blums in Westpreussen

Johann Friedrichs Sohn Matthias Blum (1775-1830) macht sich auf den Weg und heiratet in Lissewo (Westpreussen) am 12.01.1801 Anna Katharina Maria Obergefell, deren Familie aus Weiler in Baden auch nach Westpreussen wandert. Das frisch vermählte Paar lässt sich im rd. 15 Kilometer entfernten Bilczyn ( Bielczyny bzw. Bildschön) der Kirchgemeinde Kulmsee nieder. Es ist zu vermuten, dass sie eine familiäre Verbindung zu den dort bereits lebenden auf einer Karte verzeichneten Christoph und ? Blum hatten. (Karte scannen). Es ist beschaulich in ihrer neuen Wahlheimt. Rd. 100 Personen leben hier, idylisch gelegen an diesem kleinem See . Der Ehe entspringen sechs Söhne. Der älteste erhält einer Tradition folgend auch den Namen Matthias (1807-1865), dieser wird später das Schuhmacherhandwerk erlernen und mit seiner eigenen Familie die Dombrowka-Linie der Blums begründen.

Er heiratet 1836 in Rehden, wo zu jener Zeit die Vermählungen aus dem Ort vorgenommen und verzeichnet werden. Seine Braut Katharina Regina Wölk, die aus einer grossen Familie in Czyste kommt, gebährt ihm sechs Kinder. Rd. vier Jahre nach der Vermählung kommt 1840 – Jakob Friedrich – der erste Sohn zur Welt. Dieser steigt beruflich in die Fussstapfen seines Vaters und verdient als Schmiedemeister auf den grossen Gutshöfen seinen Unterhalt. Mit einem oftmals umfänglichen Vieh- bzw. Pferdebestand sowie vielen Kutschen gibt es für ihn als Schmied bzw. Stellmacher immer genügend Arbeit.

Stellmacherei (Heimatverein Varel)

Das Werkzeug schafft er sich Stück für Stück an.

Mit seiner Frau Karoline Katharine Marx bekommt er 1872 einen Sohn: Emil Arthur Eugen Albert Blum. Unseren Urgrossvater.

Emil Blum
Emil Blum

Auch Emil verfügt über ungeheures handwerkliches Geschick, welches er seinen Nachfahren weitergeben wird. Um dauerhaft seiner Familie einen festen Wohnsitz, andererseits auch ein besseres Leben zu ermöglichen, nutzt er die Chance und erwirbt die zunächst zwischen 1895-1900 gepachtete Schmiede in Weburg (Wiewiorki) südlich von Graudenz.

Schmiedewerkstatt (Heimatverein Varel)

Etwa um 1903 kommt noch die dazugehörige Hofstelle mit 23 ha hinzu. Ingesamt besteht das Dorf inzwischen aus etwa 1.000 ha sowie rd. 140 Einwohnern. Seine Frau kümmert sich neben der Kindeserziehung um den Haushalt und den Hof. Zunächst müssen die Weburger für manch amtliche Dinge in die Kreisstadt Graudenz. Doch Ende der 1920er wird ihr Dorf dem Kreis Kulm zugeschlagen und so ändern sich die Amtswege. Dank des Kunstdüngers kann Emil Blum die Ernteerträge sehr deutlich ausbauen. Aber nicht überall können sich die Landwirte sich das leisten, so dass alternativ auch oft weiterhin Pferdemist aus den umliegenden Kasernen eingesetzt wird. Zunächst baut Emil wegen der planbareren Erfolge hauptsächlich Winterroggen und Winterweizen an. Und ab der Jahrhunderwende nimmt auch der Haferanbau sukzessive zu. Sofern es die Böden zulassen kommen Kartoffeln hinzu. Von besonderer Bedeutung ist die Zuckerrübe, denn die verarbeitenden Betriebe sind nicht weit. So hat die Familie Blum Glück, denn den Weg nach Kulmsee in die Zuckerrübenfabrik können sie gut mit der Kutsche bewältigen.

Richtung Weburg (Wiwiorki)
Richtung Weburg (Wiwiorki)

Auch die Fernsicht auf den nahgelegenen Kirchspielort Rehden ist bei entsprechender Anfahrt besonders beeindruckend.

Rehden
Kirche in Rehden

Emil Blum heiratet 1899 die aus Hermannsdorf (Skąpe) stammende Theres Emma Schenkel. Die Trauung findet in der in der Kulmseer Kirche statt.

Auszug aus dem Personenstandsregister Hermannsdorf (Skąpe)

Ihre gemeinsamen drei Söhne Oskar Emil (*1900), Max Herbert (*1902) und Erwin Alfred (*1903) werden allesamt während ihres mehrjährigen Aufenthaltes in Malankowo geboren. Hierher verschlägt es sie zunächst wegen der vorhandenen Arbeitsmöglichkeit.

Kirche in Lisewo
Kirche in Lissewo

Alle drei werden in der Kirche von Lissewo getauft.

Zu Beginn des 01. Weltkrieges werden viele Pferde auf den Bauernhöfen vom Militär konfistiert. Und die wehrpflichtigen Männer werden eingezogen. Auch Emil Blum leistet seinen Vaterlandsdienst im Tross mit den Pferden an der Ostfront. Das Hoffen und Beten der Familie hilft, der Familienvater kehrt glücklicherweise unversehrt zurück. Kurz vor dem Ende der Kampfhandlungen wird er nach Berlin kommandiert, wo auch sein Sohn Oskar Blum eingesetzt ist.

Oskar Blum (ca. 1949)

Mit grossen Sorgen blickt die Familie Blum nach dem verlorenen Krieg auf die Ergebnisse des Versailler Vertrages. Ohne eine Volksabstimmung, die vermutlich auch wegen der anteiligen deutschen Bevölkerung zugunsten Deutschlands ausfallen würde, kommt es zu dem sog. polnischen Korridor. Emil Blum will weder seinen Hof noch seine Heimat verlassen und optiert dementsprechend für Polen. Doch welch ein Schicksal und welch eine Tragödie sie dabei auf sich nehmen…die beiden ältesten Söhne Oskar und Max optieren für Deutschland. Somit müssen sie das Land in Richtung Gumbinnen bzw. Elbing verlassen.

Die für Polen optierenden Deutschen pflegen, wenn auch mit Hindernissen, weiterhin ihren Glauben und das Volkstum. So gibt es bzgl. der Übergabe der Höfe spezielle Regelungen. Der jüngste Sohn Erwin muss seine Eltern als Gegenleistung für die Übergabe des Hofes (ca. 1930)  regelmässig sonntags in der Kutsche zur Kirche nach Villisass fahren.

Erwin Blum (1903 – 1966) ca. 1960

Schon in der Kriegszeit fällt den Weburgern die Versorgung über den Kolonialwarenladen schwer. Im Wesentlichen behilft man sich mit dem selbst angebauten Obst und Gemüse.

Kaufhaus in Weburg
Kaufhaus (ehemaliger Kolonialwarenladen) in Webug

Gleichzeitig ist nach dem Krieg an Gebäuden und Maschinen viel zu tun, die Ersatzteile aber nur gegen hohe Mengen von Getreide wie z.B. Roggen zu beschaffen. Daher arbeiten viele in dem Dorf auch oft nur mit Pferd und eigener Muskelkraft; es gibt keine Technik. Die Preisrelation ist ungünstig, so dass die erwirtschafteten Erzeugnisse auch schwer absetzbar sind. In dieser landwirtshaftlich geprägten Region wird oftmals Weizen und (Zucker-)Rüben angebaut. Mit 23 ha ist der Hof von Emil Blum in etwa so gross wie die Mehrheit der kleineren Landstellen.

Haus- und Hofgebäude in Weburg
Haus- und Hofgebäude in Weburg

Der grösste Teil der Flächen wird üblicherweise als Ackerland genutzt. Die gemeinsame Not fördert aber besonders die nachbarschaftliche Hilfe. Unabhängig von der Hofgrösse stehen die Bauern im Orte eng zusammen. Und auch die Familienfeiern tragen zu einem besonderen Zusammenhalt unter den deutschen Bewohnern bei.

In der Schule Weburg, wo auch Alfred Blum – unser Vater – später seine Einschulung erlebt, wird schwerpunktmässig, wie überall im Korridor, in polnischer Sprache unterrichtet.

Schule in Weburg
Schule in Weburg

In dem eigenen Haus wohnen inzwischen drei Generationen unter einem Dach. Fam. Emil und Therese, Fam. Erwin und Erna Blum sowie deren zwei Kinder.

Die abgängigen Stallgebäude werden später von Erwin Blum wieder neu aufgebaut. Vater und Sohn kümmern sich schwerpunktmässig um die Schmiedearbeiten im Dorf, die Tiere werden von der Schwiegertochter Erna versorgt.

1934 kommt Alfred, der erste Enkel zur Welt. Dieser begleitet seinen Opa Emil sehr gerne zu dem auf der Wiese weidenden Vieh. Etwa 10 Milchkühe zählt die Herde. Dabei werden die Tiere mit einer ca. 10 Meter langen Kette regelmässig für ein bestimmtes Stück Wiese zum Grasen angebunden.

Kirche Villisass

Neuanfang im Ammerland

Wer noch weitergehende Fotos aus dem ehemaligem Westpreussen bzw. heutigem Polen sehen möchte findet diese in der Bildergalerie. Weiterhin sind auch sehr schöne Aufnahmen auf der Homepage Ordensland zu sehen.